Energie Zukunft Schweiz

Wert erhalten durch Flexibilität. 

Dienstag, 01. Oktober 2024

ESG-Massnahmen im Bestand – man könnte auch sagen das Upcycling von Gebäudeparks – haben grosse Relevanz. Unser neuer Bereichsleiter «Gebäudetechnik & Nachhaltigkeit Immobilien», Holger Düster, verrät im Interview, wie sich im Immobiliensektor mit Mehrwert CO₂ einsparen lässt und wie sich die Fortschritte quantifizieren lassen.

Portrait Holger Düster

Holger, aus deiner Sicht, was sind in den kommenden Jahren die grössten Herausforderungen für den Real Estate Sektor?

Prinzipiell gehe ich davon aus, dass wir wesentlich mehr Flexibilität der Gebäude erreichen müssen. Dies gilt besonders für Gewerbeeinheiten. Umnutzungen von Gewerbe zu Wohnen, aber auch die Flexibilität, verschiedenartige Gewerbenutzungen zu ermöglichen, wird immer wichtiger. Dieser Trend beeinflusst die Konzeption und den Bau von Neubauten. Aber auch bei Bestandsimmobilien rückt das Bedürfnis nach mehr Flexibilität in den Fokus: Wie nutzen wir künftig Bestandsbauten, wie erhalten wir deren Wert?

Was hast du jetzt mit deinem Bereich «Immobilien & Nachhaltigkeit» vor?

Generell möchten wir mit unserem ganzen Team Kund:innen dabei unterstützen, Immobilien nachhaltig und gewinnbringend zu nutzen bzw. umzunutzen, neu zu bauen oder anderweitig zu betreiben. In erster Linie können wir neutral beraten und unterstützen, welche Massnahmen sind notwendig, welche Zertifizierungen könnte man anstreben? Wir liefern Entscheidungsgrundlagen und zeigen interessante Möglichkeiten auf. Was bringen mir die Massnahmen, welchen Mehrwert kann ich generieren?

Wir können die Kundschaft auch bei diversen Zertifizierungen unterstützen. Dabei vergleichen wir die Wertigkeit verschiedener Zertifizierungen für das konkrete Portfolio. Manchmal macht es übrigens auch Sinn, gar nicht zu zertifizieren. Bei der Planung und Umsetzung von Massnahmen sollte man sich aber auch nichts «verbauen».

Wichtig finde ich zudem, dass wir unsere Kund:innen auch bei der Umsetzung begleiten können und sie da nicht allein lassen. Und – ich komme später darauf zurück – wir helfen, die Qualität der Massnahmen sicherzustellen und mit einem Monitoring zu überwachen.

Ein dominierender Treiber für die Real Estate Branche ist, wie sich die Nachfrage nach Wohnflächen entwickelt. Der Beschäftigungsgrad in verschiedenen Sektoren beeinflusst die Nachfrage nach Gewerbe- bzw. Büroflächen. Das allgemeine Zinsumfeld ist entscheidend. – Was sind denn jetzt die Treiber für Nachhaltigkeit und Klimaschutz im Immobiliensektor?

Wenn ich aktiven Klimaschutz betreibe, bedeutet das aktive Energieeinsparung. Daraus erwachsen mir als Betreiber:in von Immobilien verschiedene Vorteile: Einmal fliessen die Verbesserungen natürlich ein in meinen Absenkpfad, in mein Reporting. Ich kann meine ESG-Strategie weiterführen, ich kann Ziele definieren.

Als Besitzer:in von Immobilien kann ich auch einen Beitrag leisten, wenn ich nachhaltig an eine Sanierung oder an den Bestandsbau herangehe. Ich kann mir überlegen, wie gross der Anteil der grauen Energie ist. Re-Use, also die Wiederverwertung von Materialien, kann finanziell interessant sein und trägt gleichzeitig zum Klimaschutz bei.

Die Begrünung von Dächern oder auch Fassaden stärkt die Biodiversität und wirkt der Überhitzung der Städte entgegen. Sobald man Immobilien als Ganzes betrachtet und als Teil eines Systems, wird vielfältiger Mehrwert sichtbar. Fürs Gebäude, fürs Portfolio und für die Allgemeinheit. Da gibt es noch grosse Potentiale.

Was motiviert Immobilienfirmen, diese Themen aktiv anzugehen?

Ein Antreiber ist sicherlich, dass eine Mehrheit CO₂-Absenkpfade für ihre Fonds eingerichtet haben oder gerade dabei sind, solche einzurichten. Mit Zeithorizonten 2032 oder 2035 sind sie teilweise auch regulatorisch gezwungen, ihre Emissionen zu reduzieren.

Der Werterhalt des Immobilienparks ist ebenso ein wichtiger Treiber. Klimamassnahmen sind immer auch werterhaltende Massnahmen. Die Erfahrungen mit dem Minergie-Standard haben das gezeigt. Immobilien mit dem Label erhielten auch am Markt einen Mehrwert. In letzter Zeit haben sich eine Vielzahl weiterer Zertifizierungen etabliert, mit denen ich als Immobilienfonds nachweisen kann, dass ich einen sehr hohen Gebäudestandard einhalte.

Nachhaltigkeit bezieht sich immer aufs Ganze und bietet oft nur einen echten Mehrwert, wenn man Portfolios gesamtheitlich betrachtet: Nachhaltige Wertigkeit und nachhaltiger Marktwert der Gebäude, nachhaltige Vermietbarkeit. Nachhaltige Wirkung der Investitionen, nachhaltige Weiterentwicklung des Portfolios, und nicht zuletzt nachhaltiger Betrieb. Nur weil ein Gebäude zertifiziert wurde, heisst das noch nicht, dass es auch nachhaltig betrieben wird.

Wenn man Energie einsparen möchte mit einem ganzen Portfolio, bzw. auf dem Absenkpfad vorankommen möchte, was sollte man zuerst angehen? Was ist am effizientesten bezüglich des Kosten-Nutzen-Verhältnisses?

Wenn wir die Gebäudehülle betrachten – ein entscheidender Faktor – ist beim Dach und der Abgrenzung zum Erdreich das Kosten-Nutzen-Verhältnis von Massnahmen am höchsten. Besonders wenn ich das Dach in Kombination mit Photovoltaik und/oder Solarthermie betrachte.

Der grösste Verursacher von CO₂ einer Liegenschaft ist tatsächlich die Wärmeerzeugung; und je grösser und neuer die Immobilie ist, insbesondere das Brauchwarmwasser. Der erneuerbare Ersatz der Wärmeerzeugung ist relativ einfach umzusetzen, mit einem grossen Effekt auf die CO₂-Bilanz.

An die erste Stelle und somit billigste Quelle von CO₂-Einsparungen setze ich jedoch den Betrieb der Gebäude. Viele Gebäude werden ineffizient betrieben, was das Energie Management angeht, und das hat einen grossen Einfluss auf die CO₂-Bilanz. Mit sehr einfachen Mitteln kann ich hier in kurzer Zeit hohe Einsparungen erzielen – von CO₂ und Kosten! An zweiter Stelle bezüglich gespartes CO₂ pro investierten Franken steht dann die Art der Wärme- und Kältegewinnung und auch die Luftaufbereitung. Als dritte Priorität sehe ich die Gebäudehülle.

Wissen Unternehmen, die solche Massnahmen umsetzen, konkret was es bringt? Können sie beispielsweise messen und belegen, wie viele Tonnen CO₂ sie jetzt 2024 eingespart haben?

Es ist ganz klar unser Anspruch, dass wir eben genau das messbar machen und dass wir nicht nur versprechen, sondern auch nachweisen können, dass die Massnahme X, Y oder Z effektiv CO₂ eingespart hat. Wir helfen den Kund:innen explizit, solche Ergebnisse bei Bestandsbauten zu messen. Beim Neubau können wir Vorhaben dabei unterstützen, den Einsatz unterschiedlicher Materialien zu bilanzieren. Was bringt künftig welche Einsparungen und wie viel graue Energie (Energie der vorgelagerten Gewinnungs-, Produktions- und Transportprozesse) ist dafür notwendig?

Jetzt haben wir auch Kund:innen, die über einen grossen Gebäudepark, ein grosses Portfolio verfügen. Wie behalten sie den Überblick? Wie schaffen sie es, effizient mitverfolgen zu können, was in den vielen Gebäuden passiert?

Über ein simples, aber effektives Monitoring dieser Gebäude. Das heisst, über ein vernünftiges Messkonzept. Ein Monitoring, das sich auf elementare Werte beschränkt. Mich interessiert in Anführungszeichen nicht, wie lange in welchem Gebäude die Kellerbeleuchtung läuft, sondern mich interessiert ein übersichtliches Gesamtbild.

Die Möglichkeiten via Digitalisierung und Einbezug von KI sind relativ gross. Man muss eigentlich nur schauen, dass das Kosten-Nutzen-Verhältnis beim Einsatz des Monitorings gewahrt wird. «Simple Be Clever» nennen wir das oft in Fachkreisen. Welche relevanten Daten brauche ich? Wie präsentiere ich sie? Und wie kann evtl. eine KI dazu beitragen, dass Optimierungen – vor allem im Bereich der thermischen Energie – teilweise autonom angestossen werden?

Wir arbeiten mit wenigen, aber relevanten Messpunkten und setzen Grenzwerte so, dass eine Alarmierung stattfindet und automatisch eine Konsequenz daraus erfolgt. So muss man sich nicht täglich mit irgendwelchen Informationen überschüttet fühlen, das ist ganz wichtig. Das ist unser Ansatz beim Monitoring von Gebäuden: Lieber einfach, dafür effektiv und nur mit den relevanten Werten.

Wenn diese Monitorings für alle Gebäude im Portfolio ähnlich aufgebaut werden, dann dürfte es auch einfacher sein, eine Gesamtsicht zu erhalten.

Genau. Oft resultiert daraus auch praktisch schon eine Art Automatismus für die Erstellung oder Aktualisierung eines Absenkpfades. – Wie erleben wir es heute? Oft werden noch unkoordiniert thermische oder elektrische Verbräuche aufgezeichnet, die dann manuell in Tabellen konsolidiert werden. Zahlen für den Absenkpfad müssen daraus separat noch generiert werden. Ein grosser Aufwand, der einfach zu vermeiden wäre.

CO₂ einsparen erzeugt Mehrwert für Immobilienfirmen. Zusammenfassend, warum ist es so interessant, für ein Immobilienportfolio das Thema CO₂-Einsparung anzuschauen? Welcher Mehrwert dominiert, wenn man das macht?

Es ist ganz klar. Der Mehrwert entsteht über die Einsparung von CO₂ für das Gebäude, bzw. für den ganzen Immobilienpark. Es resultiert ein nachhaltiger Werterhalt des Portfolios. Die CO₂-Absenkung hilft, dass ich meine selbst gesteckten Ziele überhaupt erreichen kann oder schneller erreichen kann, weil ich rasch die Schwachstellen meines Portfolios erkenne.

Die gewonnenen Erkenntnisse helfen mir für die zukünftige Entwicklung einer Fläche. Wenn ich mit dem Nachhaltigkeitsgedanken eine Sanierung angehe, bin ich einfach für die Zukunft viel besser gerüstet. Auch was gesetzliche Vorgaben betrifft, die sich noch ergeben können. Klar ist, wir alle werden immer mehr CO₂ einsparen müssen. Immobilien haben nach wie vor ein grosses Potential, und wenn ich als Immobilienbesitzer:in das Thema aktiv angehe, dann habe ich nicht nur Kosten, sondern eben auch Nutzen!

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Ihr Ansprechpartner

Holger Düster
Bereichsleiter Gebäudetechnik & Nachhaltigkeit Immobilien

E-mail


Holger Düster ist Dipl. Ing. für Energietechnik und Spezialist für Nachhaltigkeit. Er hat langjährige Erfahrung im Bereich Gebäude-technik und Nachhaltigkeit. 

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